Über das Wünschen
Das neue Jahr beginnt und das Wünschen hat hier
schon Tradition. Aber oft ist es so, dass wir schon gar nicht mehr
richtig daran glauben, dass jemals unsere Wünsche in Erfüllung
gehen.
Ich möchte heute über zwei Aspekte des Wünschens
sprechen.
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Wünschen statt Fordern in Beziehungen
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Wünschen für ein eigenes Bedürfnis
Beginnen wir mit dem Wünschen statt
Fordern. In der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall
Rosenberg, wäre eine Forderung an eine andere erwachsene Person bereits
verbale Gewalt. Viel einfacher und zielführender ist es, mein Bedürfnis
an den Anderen in einen Wunsch zu kleiden. Das ist sehr respektvoll, da
der Andere eine Freiheit eingeräumt bekommt, indem er den Wunsch
erfüllen, als auch ablehnen kann. Für einen respektvoll und
wertschätzend vorgetragenen Wunsch ist die Wahrscheinlichkeit, dass
der Andere ihn erfüllt um ein Vielfaches größer, als wenn ich nur eine
Forderung ausspreche oder gar einen Vorwurf mache. Alle Menschen haben
das ganz große Bedürfnis respektvoll und wertschätzend behandelt zu
werden. Somit trifft der Wunsch genau auf dieses Bedürfnis.
Ein Beispiel: Eine Frau möchte mit ihrem Mann
über ein wichtiges Thema reden. Dabei könnte folgender Dialog
entstehen:
Frau |
Mann |
Ich möchte mit
dir reden (Forderung) |
Jetzt
nicht |
Du hörst mir
nie zu (Vorwurf) |
Ich höre dir
schon zu aber nicht jetzt. |
Mit dir kann
man nie reden (Vorwurf) |
(Sprachlosigkeit)
??? |
Ich wünsche
mir, dass wir jetzt miteinander reden (ein konkreter
Wunsch) |
(ein
respektvoller Wunsch mit einer konkreten Zeitangabe) Wenn beide in
gutem Kontakt sind, dann wird sich der Mann eine Antwort
überlegen, die mehr ist, als nur eine übliche Floskel. Eine
Antwort könnte so aussehen: Lass uns in zwei Stunden
miteinander reden, dann habe ich
Zeit. |
Ein Wunsch an einen anderen beinhaltet die
Möglichkeit, dass der Andere den Wunsch erfüllen kann, ablehnen kann
oder ihn auch modifizieren kann. Umso konkreter der Wunsch formuliert
ist, umso klarer und auch leichter ist die Antwort.
So eine
Kommunikation zwischen zwei Erwachsenen ist sehr respektvoll,
wertschätzend und für beide erfüllend.
Das Wünschen für ein eigenes
Bedürfnis
Ich möchte im Lotto gewinnen oder erfolgreich im
Beruf sein oder eine tolle Frau kennenlernen oder ganz viel Geld
verdienen …
Wir alle kennen diese Wünsche. In seltensten
Fällen gehen diese Wünsche in Erfüllung. Das Gemeinsame an diesen
Wünschen ist, dass sie aus einem inneren Mangel kommen. Es gibt ein
Gesetz, das besagt, dass das worauf ich meinen Fokus richte, belebt
wird. Diese Wünsche resultieren aus einem Mangel heraus und der Fokus
liegt demnach auch auf dem Mangel.
Wenn wir uns vorstellen, dass unser Wunsch ein
Teil unserer Vision ist, dass wir ein Leben in materiellem Wohlstand
führen, mit einem eigenen Häuschen mit eigener Familie und netten
Nachbarn, dann hat das viel mehr Kraft, als dass ich „nur“ einen
Lottogewinn möchte. Hier liegt der Fokus auf der Vision und nicht auf
dem Mangel. Es kommt noch etwas dazu. Hier übernehme ich die
Verantwortung, dass sich der Wunsch erfüllt. Beim Lottogewinn sehe ich
einfach nur hilflos zu, wie bei der Ziehung die Kugeln sich
fügen.
Ein schönes Beispiel für die Wunscherfüllung ist
der Wunsch nach einem Parkplatz. Wenn ich mir vorstelle, dass alle
Plätze belegt sind und ich schon in Panik gerate, weil ich eventuell
keinen Parkplatz bekomme, dann ist der Wunsch in dieser Situation aus
einem großen Mangel entstanden. Anders ist es, wenn ich mir denke, dass
ja viele Parkplätze da sind und viele Autofahrer waren in der
glücklichen Lage einen Parkplatz zu bekommen. Jetzt komme ich und ich
benötige von den vielen Parkplätzen nur einen einzigen und ich wünsche
mir, dass ein passender für mich frei wird. Dieser Wunsch trifft in eine
Fülle von vorhandenen Parkplätzen. Bei mir funktioniert das immer
öfter.
Wir haben heute zwei ganz verschiedene Arten von
Wunsch betrachtet. Das Gemeinsame an beiden ist, dass sie nicht
kontollierbar sind und dass sie respektvoll und wertschätzend sind. Es
gibt nur eine Wahrscheinlichkeit, dass sie in Erfüllung
gehen. Damit umzugehen erfordert Demut und
Vertrauen.